PERSÖNLICHER BLOGPOST
ICH BIN WIEDER DA,
ÄLTER ALS ZUVOR, EIN BISSCHEN WEISER, EIN BISSCHEN WEIßER UND
ENTSPANNTER
Da bin ich wieder, 41, mittlerweile verheiratet, samt 2 Kindern und einem Hund. Ich schreibe und fotografiere für Frauen, heute schreibe ich an mich, vielleicht auch ein bisschen an Dich.
Als vor etwa sechs Jahren meine Tochter zur Welt kam, stand die Welt still und jemand verschwand ganz klammheimlich und machte ihr Platz. Und dieser jemand war ich, ich verschwand vor meinem Mann, meinen Freunden und vor allem vor mir selbst. Wenn da nicht diese Liebe zur Fotografie gewesen wäre, ich weiß nicht, wie es mir jetzt gehen würde. Denn da waren ständig diese Schuldgefühle, bin ich eine gute Mutter, gute Ehefrau, gute Freundin... ich wollte es jedem recht machen, hab mich gern aus dem Mittelpunkt genommen und mich dabei ein Stück weit vergessen. Ich bin triefend nass aus der Dusche gesprungen, wenn ich denn mal dazu kam zu duschen, ich hab wenig gegessen, zu wenig getrunken und hatte viel zu wenig Schlaf und mich ständig in Frage gestellt.
Meine Große ist ein wunderschönes, wildes und intelligentes Kind...was mir graue Haare beschert hat, waren diese schlaflosen Nächte bis sie vier war, zehn Mal aufwachen war Normalität bei uns. Den Schlaf hole ich immer noch nach. Dann gibt es ja noch den anderen Kurzen, der 20 Monate nach ihr auf die Welt kam. Er schlief besser, aber auch er war nachts auch mal wach und Mama dann ja auch. Ich würde jetzt nichts anders machen, was ich ändern würde ist meine Sicht auf mich. Ich arbeite stets daran, eine bessere Version meiner selbst zu sein. Ich will nicht mehr verschwinden, ich bin meinen Kindern eine bessere Mutter, wenn ich mir auch mal Zeit für mich nehmen kann und damit meine ich nicht, die Beine hochlegen, sondern, dass ich fotografieren will, meinen künstlerischen Geist beschäftigen will. Und so hat jeder hoffentlich etwas anderes, das nur ihm gehören sollte.
Es hat sich herausgestellt, ich möchte beides sein...Mutter und Fotografin und beide haben ein Recht darauf Teil von mir zu sein.
Als ich neulich fotografieren war, waren beide abends, als ich sie in Bett brachte furchtbar müde und egal, was ich machte, sie waren am Schreien, Meckern und Motzen. Diese Tonlage, wenn das Gehirn anfängt zu vibrieren. Der liebste Mann war schichtbedingt weg. Und yeah, ich konnte es weg atmen, wäre ich an diesem Tag nur zu Hause gewesen, dann hätte mich das getroffen und meine Nerven vor allem. Aber so hab ich etwas für mich getan für meinen Geist und dieses Brennen zu Fotografieren und ein Business daraus zu machen.
Ich hatte Schuldgefühle, weil ich dachte, es wäre selbstsüchtig danach zu streben, woran ich Spaß habe.
Ich hatte Schuldgefühle, weil ich nicht ständig das Gefühl hatte, ich müsste sie fotografieren. Natürlich wenn das Licht mal schön war hab ich das mal getan, aber das Essen muss ja auch gemacht sein. Und die meiste Zeit ist die Kamera im Schrank. Ich bin jetzt sehr okay damit.
Ich hatte Schuldgefühle Werbung zu machen, ernsthaft. Ich dacht man würde mich für arrogant halten, weil ich mich gut genug finde um mich zu zeigen. Ich meine, was bringt es mir, wenn ich mir darum Gedanken mache, was andere für ein Bild von mir haben. Nichts, genau ... aber das musste ich erst einmal begreifen.
Ich hatte Schuldgefühle anderen Fotografen gegenüber, weil ich dachte, ich würde ihnen Aufträge wegnehmen. Und ich war sauer, wenn ich sah, wie andere voranschritten und ich mit diesen dämlichen Schuldgefühlen zu kämpfen hatte. Es ist okay, ich vergleiche mich nicht mehr und ich beurteile auch keine anderen, denn das Gleiche wünsche ich mir ja auch für mich. Das ist nicht immer leicht, aber ich möchte mich ja um meine Arbeit kümmern und nicht die anderer aus meiner Perspektive beurteilen, das klaut mir nur Zeit.
Ich habe meine Kamera nicht an meine Hüfte getackert und nehme sie nicht ständig in die Hand, während andere sie vermeintlich nie aus der Hand legen. Es macht mich nicht zu einer schlechten Fotografin. Es ist okay, wenn man mit zwei kleinen Kindern und Hund samt Rädern unterwegs ist, die Kamera zu Hause zu lassen.
Es ist okay, wenn meine Familie mich braucht, ich für sie da bin und nicht mehr Zeit habe um zu Fotografieren, sie werden größer und sind nur einmal klein. Diese Zeit bringt niemand wieder. Das macht mich nicht zu einer schlechten Fotografin, wenn ich nicht jeden Tag fotografieren kann.
Es ist okay, wenn ich andere Familien lieber fotografiere, als meine eigene.
Es ist okay, wenn ich nicht bei jeder Familienfeier die Kamera zücke, warum auch, wenn das Licht katastrophal ist.
Es ist okay, wenn ich Bekannte nicht mehr umsonst fotografiere...hat bisher selten einen Folgeauftrag gegeben.
Es ist okay, dass ich kein Studio habe. Das macht mich nicht zum Fotografen. Zum Fotografen machen mich andere Dinge. Wenn andere meinen, ein richtiger Fotograf ist nur jemand mit Studio, dann tangiert das mein Leben in keinster Weise, denn die, die von mir fotografiert werden wollen, sehen sich meine Bilder an und nicht meine Ausstattung.
Es ist okay, wenn ich mal Nein sage.
Es ist okay, wenn ich es nicht jedem recht machen kann. Es gib nichts und niemanden, der alle Geister auf dieser Welt einen kann.
Es ist okay, wenn ich meinen Weg gehe und meine Arbeit so gestalte, wie ich es für richtig halte.
Es ist okay, dass ich nicht alles fotografieren will, was mir unter die Augen kommt.
Es ist okay, wenn andere meine Arbeit nicht mögen, es sind ihre Gedanken, nicht meine. Es beeinflusst nichts von dem, wie ich als Mensch bin. Die Welt dreht sich trotzdem weiter. Die Sonne geht auf und unter. Es regnet oder schneit.
Es ist okay, dass ich mich gern habe, auf mich achte, denn ich bin der Mensch, der mit mir die meiste Zeit seines Lebens verbringt.
Es ist sehr okay, wenn mal gar nichts mehr okay ist, denn da gibt es ja noch das Leben, das manche Überraschung bietet.
Also da bin ich wieder, oder endlich, auf jeden Fall ICH.
Deine Juliane